Herzlich willkommen zu Teil 3 der dreiteiligen Serie zum Thema: “Ich hab Aua, was kann ich selbst dagegen tun?” Zur Erinnerung, hier nochmal Teil 1 und 2.
Teil 3 beschäftigt sich mit einer etwas “härteren” (richtig ausgesprochen: schmerzhafteren 😉 ) Methode. Und zwar mit dem Foam Rolling. Mit dem Foam Roller löst man die Verspannungen nach einem ähnlichen Prinzip wie mit der Triggerpunktbehandlung. Nur ist es hier einfacher Druck aufzubauen, da wir mit dem ganzen Körper arbeiten, statt nur mit den Fingern.
Wenn ich das Thema Triggerpunktbehandlung/Foam Rolling anspreche, höre ich fast immer eine Variante dieser drei Aussagen (Wo würdest du dich einordnen?):
Typ 1: “Verspannung? Nein, hab ich nicht, brauch ich nicht.”
Probier mal Folgendes aus: Nimm deinen Mittelfinger und drück fest auf deinen Nacken (zwischen Schulter und Hals). Mach das an 4-5 Stellen und sag mir, ob du irgendwo Schmerzen hast. Ja? Dann hast du wohl doch ein paar Verspannungen. Das heißt natürlich nicht, dass alle schmerzhaft sein müssen! Aber stell dir mal vor, deine Muskeln sind ein Gummiband und deine Verspannung ist ein Knoten darin (jaja, ist natürlich alles viiiel komplizierter, aber die Vorstellung reicht für’s Erste). Du kannst dir auch gerne ein Gummiringerl holen und es nachspielen. 😉 Wenn du jetzt daran ziehst (weil du dehnst und/oder trainierst), wird der Knoten immer fester und das Gummiband reißt unter oder über dem Knoten! Das willst du doch nicht, oder? Also kann dir das Foam Rolling helfen.
Typ 2: “Ja, ich bin total verspannt. Überall. Und wenn du nur leicht ankommst, ist es schon extrem schmerzhaft!”
Hier solltest du natürlich langsam und vorsichtig beginnen. Am besten du nimmst zuerst ein heißes Bad/eine heiße Dusche und machst zum “Aufwärmen” an den schmerzhaftesten Stellen die Triggerpunktbehandlung, wie hier beschrieben. Dann kannst du jedoch loslegen! Benutze aber am Anfang nicht gleich dein gesamtes Körpergewicht für die Übungen, sondern taste dich langsam ran.
Typ 3: “Ja, natürlich hab ich Schmerzen, das gehört zum Training einfach dazu. Ich bin ja ein richtiger Mann (Frau)!”
Natürlich muss man beim richtigen Training auch ein bisschen Schmerzen aushalten können. Aber du willst mit deinem Training doch irgendwas erreichen, oder? Die Schmerzen sind wie eine Warnleuchte im Auto. Sie warnen dich. Das bedeutet, irgendetwas ist mit deinem Körper/Auto nicht in Ordnung und irgendwann bleibst du einfach stehen (und das ist noch der beste Fall). Und für dich vielleicht noch relevanter: Du fährst nicht mit voller Leistung!
Probier mal Folgendes: Steh auf, beug dich nach vorne und schau mal wie weit deine Fingerspitzen von den Zehen entfernt sind. Wie viel Abstand ist da in etwa? Und wie fühlt es sich für deinen Rücken und deine hinteren Oberschenkel an? So und jetzt schnapp dir einen Tennisball und steig mit einer Fußsohle drauf. Fahr mit dem Fuß auf dem Ball langsam vor und zurück, links und rechts und bau dabei richtig Druck auf. Mach das für 1-2 Minuten und dann wechsel den Fuß. Wenn du fertig bist, mach den Test von vorher mit dem Vorbeugen. Wie ist es jetzt?
Und so ist es bei anderen Körperstellen auch! Wenn sich die Verknotungen lösen, kann dein Körper besser in der Bewegung arbeiten und du kannst effektiver trainieren!
Wie du siehst, profitieren alle drei Typen vom Foam Rolling. “Aber ich hab schon mal nachgeschaut, die Dinger sind ganz schön teuer!” Das stimmt. Hier mein Lösungsvorschlag: Geh kurz in die Küche und hol deinen Nudelwalker (Teigroller)! Was du jetzt in der Hand hältst, ist der Foam Roller für arme kreative Leute (ja, ich weiß, “Foam” steht für Schaumstoff, aber je härter desto besser 😉 )! Ich selbst verwende ein Abfallprodukt aus hartem Altpapier.
Eine weitere Möglichkeit ist ein Tennis- oder Lacrosseball. “Ist da nicht ein Unterschied zwischen einer Rolle und einem Ball?” Ja ist es. Der Ball arbeitet mehr punktuell, während die Rolle mehrere Bereiche gleichzeitig anspricht. Deswegen wäre es am besten sogar beides zu benutzen. Für manche Stellen eher den “Foam Roller”, für andere den Ball.
So, jetzt weißt du das “Warum” und “Womit”, fehlen nur noch das “Wie” und “Wann” und dazu komme ich jetzt:
Foam Roller
Am besten machst du diese Übungen an trainingsfreien Tagen, oder nach dem Training. Hier bietet sich natürlich der Abend vor dem Fernseher an. Wie lange du die Übungen ausführst, ist abhängig davon, wie viele Verknotungen du hast. Je öfter du die Übungen machst, desto kürzer wird die Dauer und dann auch die Häufigkeit. Sprich, am Anfang brauchst du vielleicht noch täglich 15min, später möglicherweise nur noch 2-3x pro Woche 5min.
Wie auch schon bei der manuellen Triggerpunktbehandlung, ist es auch hier gut, wenn du vorher aufgewärmt bist (durch ein heißes Bad zum Beispiel). Bei allen Übungen solltest du näher bei der Körpermitte beginnen und von dieser wegrollen. Beim Oberschenkel zum Beispiel beginnst du fast in Beckenhöhe und rollst in Richtung Knie. Wenn du an einer schmerzhaften Stelle bist, bleib solange drauf, bis der Schmerz vergeht. Am Anfang bau ruhig weniger Druck auf, später kannst du dann natürlich dein ganzes Körpergewicht einsetzen.
Und vergiss nicht zu atmen! 😉 Die meisten von uns haben die Tendenz die Luft anzuhalten. Versuch normal weiter zu atmen, oder noch besser: Tief ausatmen und dabei auch noch den Druck erhöhen! Ist effektiver und teilweise sogar weniger schmerzhaft. 😉
Nach dem Bearbeiten einer Körperstelle kannst du diese auch ein bisschen dehnen, das potenziert den Effekt der Foam Rolling Behandlung!
So, aber jetzt (endlich) zu den Übungen!
Die Foam Roller Übungen
Hüftbeuger
Stütz dich mit den Unterarmen ab und leg dich auf den Foam Roller, so, dass er deinen Oberschenkel unterhalb deines Schrittes berührt. Jetzt lege einen Fuß über den anderen, somit verteilt sich der Druck auf nur ein Bein. Rolle langsam Richtung Knie und bleibe bei schmerzhaften Stellen länger drauf. Das Ganze kannst du mit innenrotiertem (auf meinem Bild würde das Knie Richtung Wand zeigen) und außenrotiertem Oberschenkel machen. Zum Seitenwechseln einfach die Füße andersherum überschlagen.
Oberschenkelaußenseite
Das ist sicherlich eine der schmerzhaftesten Positionen, also gehe es hier vorsichtig an. Leg dich seitlich auf den Foam Roller, so dass er deine Oberschenkelaußenseite direkt unterhalb deines Beckenknochens berührt. Die Beine überschlägst du und rollst dann langsam und vorsichtig Richtung Knie. Wenn du das obere Bein direkt über das untere legst, kannst du damit den Druck erhöhen (für die Masochisten unter uns 😉 ).
Oberschenkelvorderseite
Der Ablauf ist hier wie bei der Hüftbeugervariante, nur startest du hier in der Mitte und rollst mit dem Foam Roller Richtung Knie
Popo
Du kannst diese Übung auch mit dem Foam Roller machen, ich persönlich finde hier den Ball besser. Setz dich auf den Boden und stell ein Bein angewinkelt auf. Das ist die Seite, die du bearbeiten wirst. Jetzt leg den Ball unter deine Pobacke und setz dich vorsichtig drauf. Tja, und jetzt gehst du auf Schmerzsuche! 😉 Einfach den Ball unter deinem Hintern etwas vor, zurück, links und rechts hin und her bewegen.
Waden
Diese Übung kannst du sowohl mit dem Foam Roller, als auch mit dem Ball machen. Setz dich auf den Boden wie bei der Popo-Übung und leg dein Bein auf den Ball, so dass dieser knapp unter deiner Kniekehle deine Waden berührt. Der restliche Ablauf ist wie bei der Oberschenkelvorderseite.
Unterschenkelaußen und -vorderseite
An diesen Muskel denkt man erst, wenn man eine Zeit lang Bergauf wandern musste. Auch bei Läufern ist dieser Muskel meist sehr verspannt. Um ihn zu lockern, leg dich auf den Ball (Du kannst hier natürlich auch den Foam Roller verwenden) ähnlich wie bei der Oberschenkelaußenseite. Nur diesmal startest du unter dem Knie und rollst Richtung Fuß. Starte zuerst ganz seitlich und dreh deinen Körper dann etwas nach vorne, um auch deine Vorderseite bearbeiten zu können.
Brustwirbelsäule
Bei dieser Übung ist der Start ein wenig schwierig. Leg den Foam Roller auf den Boden und leg dich mit dem Rücken drüber, so dass er deine Lendenwirbelsäule berührt. Dann umarme dich selbt (wenn es sonst schon keiner tut 😉 ) und rolle mit deinem Oberkörper nach unten, so dass der Foam Roller unter deiner Brustwirbelsäule landet. Dann kannst du starten und dich langsam Richtung Hals (du stoppst natürlich davor!) vortasten.
Latissimus
Leg dich seitlich auf den Foam Roller etwa auf Höhe deines Brustbeines. Und zwar, wo dein Muskel anfängt, du rollst nicht auf deinen Rippen. Jetzt streck deinen Arm nach oben und rolle in Richtung deiner Achseln.
Brust
Hier stehst du am besten vor einem Türstock. Leg den Ball auf deine Brust und quetsche ihn zwischen deinem Körper und dem Türstock ein. Wandere auch hier mit dem Ball etwas rauf, runter, nach links und rechts.
Das war natürlich nur ein Auszug von Stellen, die du bearbeiten kannst. Spiel dich einfach ein bisschen und beobachte, was dir am meisten hilft. Falls du irgendwelche Probleme damit hast, kannst du mir natürlich gerne schreiben.
Dein Fitnesstrainer Wien,
Chris